Der
labyrintische Raum - ein
Bereich im Kopf, der
sich zu orientieren versucht
Dies ist ein Vorschlag für eine Rauminstallation, die ich nicht mit eigenen
Mitteln umsetzen kann. Der Raum muss groß sein, vermutlich nicht unter 12 x 12
m, am besten quadratisch, und braucht auch einige Höhe. Er sollte einen weißen
Boden bieten und weiße Wände, oder zumindest an vier Seiten je eine weiße
Projektionsfläche.
Die Installation nutzt zunächst die Labyrinth-Zeichnungen
anderer Menschen, die ich gesammelt habe. Es können dann aber auch mit einem "Maze
Generator" erstellte Labyrinthe, deren Linien dick gemacht wurden,
projiziert werden.
Hier mal zur Entspannung in diesem langen
Text ein Film. Oh, auch der Film transportiert einen langen Text?
Haha und ja! Es handelt sich um den von mir gesprochenen "Text im
labyrinthischen Raum":
Von oben ist vermutlich ein "Nahbereichs-Projektor" erforderlich, der also schon
auf kurze Distanz ein großes Bild erzeugt. Er soll nämlich den ganzen Boden
bestrahlen. Und natürlich zeigt er im Rahmen meines Labyrinth-Projektes ein
Labyrinth.
An vier Seiten sind Projektoren in Bodenhöhe angebracht, die mit der
Bodenprojektion korrespondierende Labyrinthe auf die gegenüberliegende Seite des
Raumes projizieren. Im Raum dürfen sich beliebig viele Menschen aufhalten -
einer, zwei, ein Dutzend, eine Masse. Ja, diese Menschen werden von oben und von
vier Seiten aus angestrahlt. Ja, diese Menschen sind dann Teil des Werkes.
Im Prinzip benötigt dieser Vorschlag einen "White Cube", einen ganz weißen Raum
mit zunächst nichts darin - sozusagen der Gegen-Entwurf zu den Hinterhöfen, auf
die ich bisher immer zurückgeworfen bin bei künstlerischen Medienprojekten.
Der Raum darf durch Klang und Worte in seiner Atmosphäre verstärkt werden. Die
Worte habe ich in deutscher Sprache schon mal in einer ersten Version erstellt
und kann dadurch einen Film bieten - einen Film, dessen Bilder schwarzweiße
Labyrinthe zeigen und der eben schon mal einen Sprechtext in deutsch bietet.
Der Text oder ein an meine Vorlage angelehnter anderer Text darf auch in anderen
Sprachen durch den Raum wehen, und er soll von Kindern, Greisen wie auch
Menschen beiderlei Geschlechts im durchschnittlichen Erwachsenenalter gesprochen werden.
Aber zunächst einmal gibt es meinen Text vom 24.11.2016 in deutsch in einer Art
Werbefilm für das Projekt.
Das Weglassen von Farbe, die Wahl von nur schwarzweißen Labyrinthen soll die
Drastik der Projektion auf die Menschen im Raum maximieren. Rings um den Text
darf es Pausen geben mit flächigen, angenehmen bis anreizenden, etwas Magie
erzeugenden Klängen.
"Der labyrinthische Raum" mag scheinen wie hundert
andere Medien-Kunst-Projekte. In ihm gibt es aber nicht "irgendwas". Der
Künstler drückt da keine Ahnungen aus, zeigt im Kern keine Variablen. Der Raum
ist eine konzentrierte visuelle Verdichtung von Überlegungen von mir. Ich
versuche, den Ort im Gehirn visuell und textlich zu formulieren, der uns zur
Orientierung dient. Da laufen viele Fäden, viele Informationen zusammen: Wer bin
ich gerade? Woher komme ich nach meiner momentanen Ansicht? Wohin will ich
derzeit, angesichts von Grenzen und Wänden, wie sie allgegenwärtig sind?
Der Raum holt mit eher gleichgültiger Geste Ansprüche ab wie "Einbezug des
Publikums in die Installation". Er nimmt tendenziell bedauernd zur Kenntnis,
dass er eine Show bietet, die es ermöglicht, sich schlicht flach an Effekten zu
erfreuen. Er möchte eine Nummer darüber dem Besucher das Gefühl
vermitteln, dass er im persönlichen Entscheidungsbereich steht: Du kamst, du
stehst. Die Zeit schreitet stur voran. Blicke dich um. Orientiere dich. Wähle.
Entscheide. Solltest du Pech haben - und fast immer hast du Pech, und fast alle
Wahlen missglücken - orientiere dich erneut. Du hast viele Chancen. Es gibt
viele Fallen. Ich, dieser Raum hier, wünschen dir Erfolg, Überblick, Klugheit,
Glück!
Der Raum visualisiert also eine Meta-Ebene. Er kennt die philosophischen
Grundfragen - wer bin ich, woher komme ich, wohin gehe ich, wohin will ich
gehen? Er schreitet voran zu biologischen Erkenntnissen. Denn wir haben Zellen im
Gehirn, die uns stetig versichern, wer wir seien. In uns laufen - mit viel
Gefühl unterbuttert - zentrale Entscheidungen für das Handeln in jedem Moment
unter Berücksichtigung aller inneren und äußeren, uns ins Gehirn gemeldeten
Faktoren. Das geschieht beim Tier ganz unbewusst und auch bei uns überwiegend
ohne Kenntnisnahme.
Mein "labyrinthische Raum" nun ist eine künstlerische Kenntnisnahme unserer Entscheidungszentrale.
Indem nichts in ihm materiell ist, können die Anwesenden einerseits das am Boden
projizierte Labyrinth nachzulaufen versuchen - Kinder werden das gerne tun.
Andererseits können sich Anwesende aber auch ungehindert in den schwarzweißen
Linien bewegen, die auf sie projiziert werden.
Ich vermute, dass ohne Titel und Interpretation der Raum einer Bühne nahekommen
wird, auf der Performances zulässig sind, einer Bühne, die von Besuchern für
Fotos ihrer selbst und ihrer Mitwelt im gestreiften Licht genutzt wird - ein
Spaß-Ereignis. In zweiter Linie mag es den Versuch geben, mit Blick auf die
Hinweise der Wandprojektionen den Weg auf der Bodenprojektion zu finden und zu
laufen - da haben wir eine längere Nutzung der Szene. Die dritte Ebene, die
Reflektion, wie sehr wir uns mit unserem Dasein in der Welt in einem Labyrinth
befinden, kann dann durch den hörbaren Sprechtext erschlossen werden.