Ich bin mal wieder beeindruckt: Was ich bei Google Maps lese, wo ich gewesen sei, aufgezeichnet anhand von Positionsmeldungen meines Smartphones, übersteigt mein persönliches Gedächtnis.

Aus der Google-Liste streiche ich vor dem Publizieren hier:

- etwa zehn gewerbliche Stellen in der Nähe meines Aufenthaltsortes, die ich gar nicht "besucht" habe. Da hielt ich mich im 100-Meter-Umfeld drumherum auf. Weder eine gewerbliche Kinderspiel-Halle, noch je eine Glücksspielhalle noch eine Lederfabrik habe ich "besucht".

- etwa fünf Adressen und Orte, die privat zu bleiben haben

- etwa fünf Wiederholungen ("Lidl")

Eine Adresse lasse ich drin, obwohl ich da gar nicht war - "AntiAtomBonn e.V." klingt unterstützenswert. Muss in der Nähe meines Aufenthaltsortes gewesen sein.

Die Liste führt nach solchem Schrumpfen von bald 100 auf 73 Adressen im Moment acht Monate zurück in die Tiefe. Ich lese Namen, bei denen ich erst mal recherchieren muss: "Hüftengold"? Tatsächlich, ja, da haben wir die letzten Stück Kuchen, die noch da waren, gegessen :-)

Was zum Teufel sagt diese Liste über mich, was macht sie aus mir? Zum Teil Schmeichelhaftes: Mannomann, wieviele Kunst-Stätten habe ich in dieser Zeit besucht! Ein merkwürdiges Defizit an Rock-Konzerten in der letzten Zeit scheint allerdings gegeben zu sein: War ich echt nur im LKA (da spielten JBO)? Nein, ich war auch mindestens im Wizemann (zu Van Canto). Und in Karlsruhe war ich drei Tage auf dem Psyka-Konzert. Offenbar zahlt mancher Veranstalter nichts an Google und taucht nur bei Nachfrage auf. Oder eben mein Handy meldete eine Weile keine Positionsdaten. In Venedig beispielsweise enthielten meine Fotos erst am vierten von sechs Anwesenheitstagen Positionsdaten.

Ich stelle mir vor, dass ich politisch aktiv bin (Ist gerade nicht gegeben. Kann aber ja mal wieder sein). Dann erstellt mein Handy ein Bewegungsprofil, das meine politische Richtung alsbald aufdeckt.

Oder bei kaufmännischer Tätigkeit: Da wird deutlich, mit wem ich verhandele.

Eine kaufmännische Sichtweise meines Bewegungsprofils deutet sich bei den Adressen der letzten acht Monate mehrfach an und liegt da aber falsch. Ich war z.B. nicht in Metzingen im Outlet-Verkauf. Ich spielte in einer Halle nebendran Komparse beim "Dreigroschenfilm".

Andererseits wird richtig deutlich: Ich kaufe Lebensmittel nicht in edlen Läden, sondern beim Discounter.

Zum Verräter wird diese Liste bei privaten Aufenthalten: Freundin und Familienmitglieder werden mit ihren Adressen beinahe verraten - fast immer hockt in der Nachbarschaft ein Gewerbetätiger und posaunt seine Adresse zu Google.

Gründlich offline zu gehen, das Handy auszuschalten, ist im Falle privater, politisch motivierter, geschäftlich brisanter und natürlich krimineller Tätigkeiten im ersten Gedankengang erforderlich.

Ich denke aber, dass Profis "ihr" Handy angeschaltet lassen, es dabei aber zeitweise einer anderen Person mit auf den Weg geben. Sie selbst nutzen eine vorübergehende Nummer. Denn sich aus der Verfolgung anhand von Handy-Daten herauszuschalten ist ja schon "verdächtig".

Als erstes und Stetiges wird man hier von Google selbst "verfolgt". Angenommen, mein Gewerbe-Geschäft boomt, ich will diesen Boom aber an Google vorbei manövrieren (ja, dazu kann es Anlass geben!) - das wird ganz schwierig.

Und dann machen wir uns doch bitte mal wieder klar: Alles in der Cloud wird bei Bedarf geklaut. Wenn ich digitale Inhalte außer Haus gebe, kann ein professioneller Feind (Staatsbehörden, Geschäfts-Konkurrenz, Erpresser, Presse) sie abgreifen. Meine Google-Daten könnte im Prinzip z.B. auch das Finanzamt bekommen. Nein nein, nicht offiziell. Jaja, es wird sich machen lassen.

Friedlich plätschert derzeit mein Dasein dahin. Vergleichsweise friedlich im Vergleich zu Ländern wie Putins Russland, Erdogans Türkei und Trumps Amerika (um mal die aktuellen Schreckgestellten der Ersten Welt zu nennen) quetscht sich auch Deutschland durch das wohl tatsächlich wachsende politische Disaster der Nationen. Die etwas bereinigte Google-Aufenthalts-Orte-Liste, die ich rechts aufliste, ist eher noch Geschenk an mein Erinnern als Quelle von Erpressbarkeit und Kontrollversuch. Das kann aber umschlagen.